Curatorial Studies

Workshop
Wissensort Museum? Vermittlung als Praxis – Praxis als Vermittlung
Datum: Freitag 29.10.2021, 15:00 Uhr

„Vermittlung radikalisieren?“
Eine Begriffssammlung zu aktuellen Formen von Wissensvermittlung
Unter dem Übertitel „Wissensort Museum?“ findet zum zweiten Mal ein Workshop statt, welcher sich um die Frage nach dem Ort Museum, der Wissen produziert, dreht – und somit aktuelle Formen von Wissens- vermittlung in unserer Gesellschaft wiederspiegelt und verhandelt. Der Workshop „Vermittlung radika- lisieren?“ Vermittlung als Praxis – Praxis als Vermittlung beschäftigt sich mit den aktuellen Strategien in Bildung & Vermittlung und ihrer Praxis in den Museen. Unter dem Aspekt demokratischer, kritischer und emanzipatorischer Vermittlungspraxis soll diesen Begriffen nachgegangen und sie befragt werden. Was sind Kernaufgaben des Museums? Wie wird Bildung und Vermittlung im Museum heute verstanden? Was bedeutet Demokratisierung im Museum? Welche Strategien einer kritischen und emanzipatorischen Ver- mittlung gibt es? Was könnte ‚Radikale Vermittlung‘ bedeuten? Ziel des Workshops soll sein, diese Fragen in einer Sammlung von Begriffen gemeinsam zu benennen und beschreiben.

Was sind Kernaufgaben des Museums? Wie wird die Bildung und Vermittlung im Museum heute verstan- den?
Die Richtlinien und Ethik, welche der ICOM, International Council of Museums definiert, standen und ste- hen immer wieder in Verhandlung. Die Richtlinien der ICOM definieren folgende Tätigkeiten als die Kernaufgaben von Museen: Erwerben, Sammeln, Pflegen von Objekten, Erweitern der Sammlungsbestände, Forschen zu den Sammlungsbeständen/Objekten, Ausstellen und Vermitteln der ‘Objekte’ und des Wis- sens darüber (ICOM, Museumsdefinition 2020). Was bedeutet das gegenwärtig für die Museumsarbeit in Praxis und Theorie? Die Aufgaben der Museen waren historisch gesehen immer schon fluid und durch gesellschaftliche Veränderungen, kulturellen Wandel und politische Bewegungen beeinflusst (Französi- sche Revolution, White Cube, Provenienzforschung etc.). Die in den 1990-er Jahren entstandene Kritik an der Repräsentation der Institution – die Problematisierung ihrer Vormachtstellung, Deutungshoheit und vermeintlichen Demokratisierung – führte dazu, dass anstelle ‘Museum’ folgende Begriffe vorgeschlagen werden: ‚Arena‘, ‚Kontaktzone‘, ‚Handlungsraum‘ oder ‚Para-Museum‘ (Sternfeld, 2017 & 2020). Diese Begriffe kommen aus der Forderung nach Teilhabe und Involvierung von Besucher:innen, Minoriäten und Interessierten. Die Teilhabe solle durch eine (selbst-)kritische Institution ermöglicht werden und die Besu- cher:innen sollen sich dazu (selbst-)ermächtigt Zugang schaffen. Die Kulturwissenschaftlerin Nora Sternfeld schlägt in dem Band ‚Das radikaldemokratische Museum‘ (2018) folgende Betrachtung der Kern- aufgaben des Museums vor: a) Das Archiv herausfordern, b) den Raum aneignen, c) Gegenöffentlichkeit organisieren, d) Alternatives Wissen produzieren, e) Vermittlung radikalisieren. In der Praxis der Vermitt- lung bilden alle fünf Punkte, die von Sternfeld aufgezählt werden (a. – e.)) – Schnittstellen, in denen die Abteilung Programme / Bildung & Vermittlung des Kunstmuseum Basel arbeitet.

Was bedeutet Demokratisierung im Museum? Welche Strategien einer kritischen und emanzipatorischen Vermittlung gibt es? Was könnte ‚Radikale Vermittlung‘ bedeuten?
Wie am Beispiel des Begriffs ‚Arena‘ schon angelegt ist, kann Vermittlung alternativ als moderner Veranstaltung-, Kampf- oder Schauplatz verstanden werden, an welchem sich beteiligt, aufgeführt, gestritten oder debattiert wird - einem Parlament ähnlich. Funktionen die sich die direkte Demokratie ebenso zu- schreibt. D.h. die Vermittlung hat die Funktion einer Öffentlichkeit und gesellschaftliche Debatten auf- zugreifen. Somit hat Vermittlung auch die Kraft der Infragestellung demokratischer Werte. Diese Werte müssen zwangsläufig vor dem Hintergrund des überall zu verzeichnenden Rechtsrucks und etablierter de- mokratischer Haltungen diskutiert werden. Oder anders gesagt – die Besucher:in darin befördert sich zu beteiligen - eine Plattform für diesen demokratischen Aushandlungsprozesse zu bieten. Bezogen auf die Teilhabe der Museumsbesucher:in und den Bildungsauftrag ist bell hooks‘ ‚The Teaching Trilogy‘ (2010) für uns Ausgangspunkt und Diskussionsgrundlage. Wir untersuchen die ‚Critical Pedagogy‘ im institutionellen Kontext. bell hooks kann als eine der engagiertesten Vertreter:innen der ‚Critical Pedagogy‘ ge- nannt werden, wobei ihr Fokus vor allem im Einbinden von feministischer und antirassistischer Theorien in das Feld besteht. Die Basis von ‚Critical Pedagogy‘ ist der Wille zur Überwindung von Ungleichheit und Diskriminierung und die Erkenntnis, dass diese strukturelle, also historische, politische und soziale Gründe haben, welche es kritisch zu hinterfragen gilt. Vermittler:innen sollen ihr Aufgabe nicht nur darin sehen, Teilnehmer:innen mit Wissen abzufüllen, sondern sie auch zu kritischem Denken zu animieren, so dass diese die sie umgebende Welt und ihre eigene Positionierung kritisch reflektieren können.